»Am Ende findet jede Waffe ihren Krieg«
Stefan Liebich, für DIE LINKE Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, und Alexander Neu, Obmann im Verteidigungs-ausschuss, im Interview über die neue Unübersichtlichkeit in der Außenpolitik, die damit einhergehenden Herausforderungen und die Möglichkeiten von einer Kriegs- zu einer Friedenspolitik umzukehren
- Externer Link: linksfraktion.de – „Am Ende findet jede Waffe ihren Krieg“
Ein Vielfrontenkrieg in Syrien unter Beteiligung der Bundeswehr, Saudi-Arabien führt Krieg im Jemen, die Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien sind mehr als angespannt, die Türkei bekriegt Kurden. Und dazwischen mordet die Terrormiliz Islamischer Staat und verübt scheußliche Anschläge in Europa. Die Liste ließe sich verlängern. Außenpolitisch scheint die Lage unübersichtlicher und unkontrollierbarer denn je. Wie sehen Sie es?
Stefan Liebich: Ich sehe das leider genauso. Die Lage in der Welt ist unübersichtlicher und konfliktreicher geworden – allein die Zahl der weltweiten Flüchtlinge spricht eine deutliche Sprache: 60 Millionen Menschen waren im vergangenen Jahr auf der Flucht, so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Das zeigt sehr deutlich, wie dramatisch die Lage derzeit ist.
Deutschland hat als Reaktion auf die Anschläge von Paris Frankreich im Eilverfahren militärische Hilfe im Kampf gegen des islamischen Staat zugesagt. Bundeswehrsoldaten sind inzwischen in Syrien im Einsatz. Das Ziel des Einsatzes ist vage. Welche Folgen könnte das haben?
Alexander S. Neu: Deutschland ist seit 2001 Bestandteil der US-geführten „Krieg gegen den Terror-Koalition“. Der nunmehr 15 jährige Einsatz in Afghanistan, dessen Ende nicht absehbar ist, wird nun durch den Syrieneinsatz – und demnächst vermutlich auch Libyen – erweitert. Die Bundesregierungen verfolgen seit 2001 unter Führung der USA ein fatales sicherheitspolitisches Konzept: Nicht nur, dass die „Anti-Terrorkriege“ den Terrorismus nicht besiegt haben. Vielmehr haben sie aufgrund massiver ziviler Opfer, die auf das Konto westlicher Militärschläge gehen, einen Hydraeffekt erzeugt: Mehr Terrorismus denn je erleben wir, der sich auch geographisch ausdehnt. Die Gefahr, dass auch Deutschland zum Ziel terroristischer Anschläge werden könnte, wächst meines Erachtens. Eine weitere negative Begleiterscheinung deutscher Beteiligung ist das Schleifen des Völkerrechts und des deutschen Verfassungsrechts im Namen des „Krieges gegen den Terror“.
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