US -Atomwaffen abziehen – aus Büchel und weltweit
8. Oktober 2015 – Alexander S. Neu
US -Atomwaffen abziehen – aus Büchel und weltweit
Im Rheinlandpfälzischen Büchel sind bis zu 20 US-Atomwaffen stationiert. Nun deckte das ZDF „Magazin Fontal 21“ kürzlich auf, dass demnächst rund 20 neue, technisch ausgereiftere taktische Nuklearwaffen vom Typ B61-12 nach Büchel verlegt werden sollen. Die USA bezeichnen diesen Vorgang als „Modernisierung“, letztendlich handelt es sich aber um eine kostenintensive und gefährliche Aufrüstung, welche gerade in der jetzigen politisch instabilen Zeit völlig falsche Signale setzt. Atomwaffen gefährden Menschenleben und müssen daher geächtet werden. DIE LINKE fordert den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland und die weltweite vollständige Abrüstung.
In den Bunkern des Fliegerhorst Büchel werden wahrscheinlich schon heute – mit genauen Angaben halten sie die Bundesregierung und die US-Regierung bedeckt – 20 US-Atomwaffen des Typs B61 gelagert. Diese haben gemeinsam eine Sprengkraft, die etwa dem 26-fachen der Hiroshimabombe entspricht. Es handelt sich um reine Abwurfbomben. Das scheint der amerikanischen Regierung nun offenbar nicht mehr zu genügen, denn sie hat mit einem massiven „Modernisierungsprogramm“ begonnen. Aus US-Haushaltsplänen geht hervor, dass nun 20 neue Atomwaffen des Typs B61-12 nach Büchel verlegt werden sollen. Dabei handelt es sich um ein neues zielgenaueres und selbstlenkendes Waffensystem, die gemeinsame Sprengkraft entspricht dann der von 80 Hiroshima-Bomben.
Seit Jahren gibt es Proteste gegen die Stationierung in Büchel und die Einbindung der Bundeswehr. Denn deutsche Soldatinnen und Soldaten trainieren dort regelmäßig mit Tornados den Einsatz von Atomwaffen. Auch wenn es sich dabei (vorläufig) nur um Übungen handelt, zeigen diverse Zwischenfälle und wiederholte Unfälle, dass es sich eben nicht um harmlose Übungsflüge handelt. 2014 stürzte beispielsweise ein Tornado weniger als eine Flugminute vom Atomwaffendepot Büchel entfernt ab. Auf Medienbildern vom Unglücksort wird deutlich, dass der Absturz Brände in der Umgebung ausgelöst hatte. Und selbst die US-Luftwaffe kam 2008 in einer Studie der „Federation of American Scientists“ zu dem Ergebnis, dass ihre Atomwaffenlager (darunter auch das in Büchel) nicht sicher seien.
Aber nicht nur die Frage der Sicherheit des Fliegerhorst in Büchel stellt ein Problem dar. Viel schlimmer ist, dass die Entscheidung zur Modernisierung und Stationierung weiterer Atomwaffen in Büchel die politische Stabilität in Mittel- und Osteuropa massiv gefährdet und eine Provokation gegenüber Russland darstellt. Diese Entscheidung nimmt billigend in Kauf, dass es zu einem erneuten nuklearen Rüstungswettlauf kommen könnte. Zudem torpediert diese Entscheidung massiv die – zum Teil auch von der Bundesregierung getätigten Aussagen zur deutschen Abrüstungspolitik. Der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Bundesregierung sah 2009 noch, als deutschen Beitrag zu einer atomwaffenfreien Welt vor, sich `gegenüber den amerikanischen Verbündeten dafür einzusetzen, dass die in Deutschland verbliebenen Atomwaffen abgezogen werden`. Im Rahmen der Reform der Bundeswehr wurde 2011 jedoch keine Abrüstung der Tornado-Flotte, welche in Büchel für den Einsatz der Atomwaffen bereit steht, beschlossen, sondern eine Modernisierung der Trägersysteme. Im Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung ist von nuklearer Abrüstung in Büchel schon keine Rede mehr bzw. wird von atomarer Abrüstung insgesamt nur noch als Fernziel gesprochen. Die Bundesregierung spielt hier ein mehr als gefährliches Spiel und gefährdet mit ihrer Vasallentreue gegenüber den USA die eigene Bevölkerung und die weltweite politische Stabilität. Denn im Kriegsfall sollen auch deutsche Tornado Pilotinnen und Piloten im Rahmen der NATO-Strategie der so genannten „nuklearen Teilhabe“ Angriffe mit den US-Bomben fliegen (können). Und genau das wird in Büchel regelmäßig trainiert. Die nächste große Übung der „nuklearen Teilhabe“ soll am 23. Oktober in Büchel stattfinden. Das Aktionsbündnis „Gewaltfreie Aktion Büchel“ ruft daher ab 6 Uhr zum Protest auf und lädt zu einem antimilitaristischen Fahrradausflug unter dem Motto „Wir blockieren nicht den Verkehr – Wir sind der Verkehr!“ ein.
Wer ein atomares Wettrüsten mit neuen Generationen von Atomwaffen und die Gefährdung der Bevölkerung – sei es durch den Übungsbetrieb oder Ernstfälle – verhindern will, der muss sich klar für einen schnellen und vollständigen Abzug von Atomwaffen aussprechen. Dazu gehört die Beendigung der nuklearen Teilhabe, einschließlich der Stilllegung der Tornadoflotte als Trägersysteme. Dazu gehört es, gegenüber den USA deutlich zu machen, dass weder eine Weiterstationierung noch eine Neustationierung von Atomwaffen auf deutschem Boden akzeptiert wird und dazu gehört es auch, die Bauarbeiten zur Modernisierung der Luftwaffenbasis in Büchel, welche den deutschen Steuerzahler im übrigen 120 Millionen Euro kosten sollen, sofort zu stoppen. Deutschland verstößt mit seinem momentanen Handeln gegen den Atomwaffensperrvertrag. Das darf nicht geduldet werden. Die Bundesregierung bewertet dies zwar völkerrechtlich anders, aber genau genommen, bedeutet die technisch nukleare Teilhabe das Ende des Atomwaffensperrvertrages. Denn wenn jede Atommacht, auf dem Territorium seiner Verbündeten Nuklearwaffen stationiert und diese von den Verbündeten auch nutzen lässt, so sinkt die Zahl der Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen rapide. Zu Ende gedacht, könnten auf diese Weise alle 187 Staaten (abgesehen von den offiziellen Atommächten) dieser Erde über die nukleare Teilhabe zu Atomwaffenträgern – wie Deutschland werden.
Das Durchspielen dieses Szenarios zeigt, wie absurd die Behauptung der Bundesregierung der völkerrechtlichen Konformität der nuklearen Teilhabe letztlich ist.