Kissinger Professur verhindern
Kissinger Professur verhindern
An der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn soll zum Start des Wintersemesters 2014/2015 eine Henry-Kissinger- Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung eingerichtet werden. Finanziert wird sie maßgeblich aus dem Etat des Verteidigungsministeriums. Wer einen Blick auf Kissingers Biografie wirft, kann diese Idee nur zynisch finden. Daher lehnt nicht nur DIE LINKE, sondern auch ein breites Bündnis – vom Studierendenausschuss über Bürger- und Menschenrechtsorganisationen bis hin zu Gewerkschaften und namhaften Wissenschaftlern – diesen Lehrstuhl ab.
Anlässlich seines 90. Geburtstages soll der ehemalige US- amerikanische Außenminister und Nationale Sicherheitsberater Henry Kissinger mit einer Stiftungsprofessur an der Uni Bonn geehrt werden. Die ihm zugedachte Professur trägt den blumigen Namen „Henry-Kissinger-Professur für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung unter besonderer Berücksichtigung sicherheitspolitischer Aspekte“ und soll nach den Worten des Rektors „einen neuen Akzent auf dem Gebiet der Sicherheitspolitik“ setzen. Sollte sich dieser neue Akzent auch nur geringfügig am politischen Wirken von Henry Kissinger orientieren, dann kann einem nur angst und bange werden.
Kissinger werden schwerste Menschenrechts- und Völkerrechtsverletzungen zugeschrieben, die bis heute nicht ausgeräumt werden konnten. So war er maßgeblich an der Planung und Überwachung der Bombardements auf die neutralen Staaten Laos und Kambodscha während des Vietnamkrieges beteiligt. Heute wird angenommen, dass dabei 350.000 Laoten und 600.000 Kambodschaner getötet wurden. Noch heute leidet die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten unter Blindgängern und der anhaltenden Vergiftung ganzer Landstriche durch ein damals eingesetztes hoch-toxisches Entlaubungsmittel. Für Kissinger zählten Menschenleben und Gesetze bei der Durchsetzung seiner Interessen nicht. Darüber hinaus koordinierte er die Aktivitäten, die auf einen gewaltsamen Umsturz in Chile abzielten und den Militärputsch vorbereiteten, durch den Präsident Allende 1973 gestürzt wurde und ums Leben kam. Die Liste mit Kissingers Verantwortung für Verbrechen, die in keiner Weise mit dem Titel der Stiftungsprofessur ein Einklang zu bringen sind, ließe sich noch um einige Positionen fortsetzen. Henry Kissinger ist daher als Identifikationsfigur für eine an rechtsstaatlichen Grundsätzen und dem Völkerrecht ausgerichtete akademische Einrichtung nicht tragbar. Vielmehr gehört er vor den Internationalen Strafgerichtshof.
Aber nicht nur der Namensgeber, auch die Finanzierung der Professur ist höchst bedenklich. Für fünf Jahre soll die Universität Bonn jährlich 250.000 Euro vom Bundesministerium der Verteidigung und 50.000 Euro aus dem Auswärtigen Amt bekommen. Dies ist einmalig in Deutschland, denn nirgendwo sonst gibt es (bisher) an einer zivilen Universität einen Lehrstuhl, der direkt vom Verteidigungsministerium finanziert wird. Wie dabei die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre gewahrt werden soll ist äußerst fraglich.
Der Universität Bonn ist dabei noch am wenigsten vorzuwerfen. Angesichts voller Hörsäle, leerer Kassen und einer chronischen Unterfinanzierung von Bildungseinrichtungen ist es nur wenig verwunderlich, dass diese das Angebot dankbar annimmt. Helfen würde hier nur eine solide Grundfinanzierung, welche die Universitäten stärkt und sie in die Lage versetzt solch vergiftete Angebote abzulehnen.
Das Bundesministerium der Verteidigung verfolgt mit der Finanzierung einen ganz eignen Plan. Offiziell soll in Bonn ein neuer Schwerpunkt für Internationale Sicherheit aufgebaut werden. Die Professur soll hierbei als Fundament und Netzwerk dienen. Das eigentliche Anliegen ist es jedoch die schleichende Militarisierung der Gesellschaft weiter voran zu treiben. Die Professur steht dabei ganz im Dienste der Neuausrichtung der Bundeswehr zur Interventionsarmee. Wie sonst soll man Völkerrecht im Namen von Henry Kissinger verstehen?
DIE LINKE sagt NEIN zu einer Henry-Kissinger-Professur und unterstützt sowohl die Petition der Initiative Zivile Uni Bonn (siehe Link unten) als auch den offenen Brief des wissenschaftlichen Beirats von attac (siehe Link unten).
- Externer Link: Petition & Erklärung der Initiative Zivile Uni Bonn zur geplanten „Henry Kissinger Professur“ in Bonn
- Externer Link: Offener Brief gegen “Henry-Kissinger-Professur” des wissenschaftlichen Beirats von “attac”