Koalitionsfraktionen wählen sich ihre Opposition selbst
Koalitionsfraktionen wählen sich ihre Opposition selbst
„Die Regierungsfraktionen scheuen offenbar die Auseinandersetzung mit der Fraktion DIE LINKE in NATO-Fragen. Sie berufen in einem äußerst zweifelhaften Verfahren lieber einen stromlinienförmigen Abgeordneten der Grünen in den Politischen Ausschuss der Parlamentarischen Versammlung der NATO“, erklärt Dr. Alexander S. Neu, Obmann der Linksfraktion im Verteidigungsausschuss zur gestern durchgeführten Abstimmung über die Besetzung des Politischen Ausschusses der Parlamentarischen Versammlung der NATO. Neu weiter:
„Vorausgegangen ist dem eine mehrmonatige Kontroverse. Sowohl Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) als auch ich hatten uns fristgemäß als ordentliche Mitglieder im wichtigen Politischen Ausschuss der NATO PV beworben. In den vergangenen Wahlperioden wurde stets der größten Oppositionsfraktion einer der Plätze in diesem Gremium zugedacht. Jedoch scheint diese Praxis nicht mehr zu gelten, wenn DIE LINKE als stärkste Oppositionsfraktion ihren Anspruch auf eine Vollmitgliedschaft anmeldet. So wurde mir bereits im Februar vom Delegationsleiter, Dr. Lamers der CDU/CSU-Fraktion, nahegelegt, zu Gunsten von Jürgen Trittin auf eine Vollmitgliedschaft im Politischen Ausschuss zu verzichten und mich stattdessen auf einen Stellvertreterposten sowie die Mitgliedschaft in Unterausschüssen zu beschränken. Dies habe ich klipp und klar abgelehnt. Auch in einem zur Klärung anberaumten Gespräch zwischen dem Delegationsleiter Dr. Lamers, Jürgen Trittin und mir konnte keine Einigung erzielt werden. Ganz im Gegenteil äußerte Dr. Lamers sogar, er habe Jürgen Trittin den Ausschussplatz bereits zugesagt.
Gestern fand eine Delegationssitzung statt, in der eine Entscheidung getroffen werden sollte. Trotz meines wiederholten und ausdrücklichen Protests, ließ der Delegationsleiter Dr. Lamers über die Besetzung des Platzes im Politischen Ausschuss abstimmen – ein einzigartiger Vorgang, denn bislang war die Ausschusssitzverteilung immer einvernehmlich ausgehandelt worden. Argumente waren in der Delegation aber offenbar nicht gefragt. Ich habe die Sitzung daraufhin verlassen, um meinerseits die Abstimmung zu boykottieren. Die Mitglieder der Delegation – in der die LINKE nur eine Stimme hat – entschieden sich erwartungsgemäß für die stromlinienförmige Lösung: also für den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der Grünen, deren Haltung zur NATO sich kaum von der Linie der Mehrheitsfraktionen abhebt, und gegen eine wirkliche Opposition. Die Grünen sind nun in zwei Hauptausschüssen der NATO PV mit einem Vollmitglied vertreten, während DIE LINKE kein einziges Vollmitglied in einem der fünf Hauptausschüsse der NATO PV hat und sich mit der Mitgliedschaft in Unterausschüssen begnügen soll. So wird wieder einmal versucht, die einzige wirkliche Oppositionsfraktion mundtot zu machen.
Dass die Regierungsfraktionen der NATO-kritischen Sicht der LINKEN kein Forum lassen wollen, ist zwar aus ihrer Sicht verständlich, widerspricht jedoch dem Recht auf parlamentarische Beteiligung aller im Bundestag vertretenen Parteien und des gesamten von ihnen repräsentierten politischen Meinungsspektrums. Ich fordere die Vertreter der Regierungsfraktionen daher dringend auf, diese Entscheidung zu revidieren.“
Die Parlamentarische Versammlung der NATO ist eine interparlamentarische Organisation, welche hauptsächlich als Bindeglied zwischen der NATO und den nationalen Parlamenten dient. Ziel und Hauptaufgabe ist dabei die Auseinandersetzung mit und der Austausch zum gesamten inhaltlichen Spektrum der NATO und das Anstoßen von Debatten.