Wir brauchen mehr statt weniger Parlamentsbeteiligung
Wir brauchen mehr statt weniger Parlamentsbeteiligung
Die Bundesregierung will eine Kommission einsetzen, welche die Mitbestimmungsrechte des Deutschen Bundestages bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr überprüft und Vorschläge erarbeitet, wie die Rechte des Parlaments eingeschränkt werden können. Ziel ist es, das Verfahren der Entsendung von Bundeswehrsoldaten in Auslandseinsätze zu beschleunigen und von der Zustimmung des Parlaments abzukoppeln sowie Debatten über Kriegseinsätze zu verhindern. DIE LINKE sagt NEIN zu diesem Demokratieabbau – gerade da, wo es um die Frage von Krieg und Frieden, von Leben und Tod geht.
Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee und ihr Einsatz unterliegt dem Parlamentsvorbehalt. Das heißt Soldaten dürfen nicht ohne die Zustimmung des Deutschen Bundestages in bewaffnete Einsätze geschickt werden. Nun hat das Parlamentsbeteiligungsgesetz zwar bisher weder Kriege noch Kriegseinsätze verhindert – ganz im Gegenteil, es trägt zu deren Legitimation durch die Zustimmung der Mehrheit der Parlamentarier bei – dennoch ist ein Abbau der Mitbestimmungsrechte, wie es die Bundesregierung nun vorsieht, nicht hinnehmbar.
Konkret ist geplant, eine Kommission einzusetzen, welche Vorschläge zur Novellierung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes erarbeiten soll. Eine „fortschreitende Bündnisintegration“ und eine Auffächerung von Aufgaben“ für das Militär werden dabei vorausgesetzt. „Untersucht“ werden sollen nicht nur die „Möglichkeiten einer frühzeitigen parlamentarischen Beteiligung“. Sondern auch „Möglichkeiten der Abstufung der Intensität parlamentarischer Beteiligung nach der Art des Einsatzes“. Den Vorsitz der Kommission soll der ehemalige Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) übernehmen.
Die Auswirkungen eines so massiven Abbaus der Parlamentsrechte wären verheerend. Der Bundestag müsste Auslandseinsätzen der Bundeswehr dann gar nicht mehr oder nur noch in bestimmten Fällen zustimmen. Dies würde unüberlegten Schnellschüssen Tür und Tor öffnen und eine gesellschaftliche und parlamentarische Debatte verhindern oder zumindest stark erschweren. Zudem wäre der eigentliche Wert des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, die Transparenz des Abstimmungsverhaltens jeder und jedes Abgeordneten, hinfällig. Namentliche Abstimmungen, die den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen das Stimmverhalten für oder gegen einen Auslandseinsatz „ihrer“ Abgeordneten nachzuvollziehen und diese ggf. nach ihren Beweggründen zu befragen, wären so nicht mehr möglich. Die Mitglieder des Bundestages würden in Fragen von Auslandseinsätzen zu einer nahezu rechtelosen anonymen Masse werden, die vom Bürger nicht mehr greifbar ist. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die Bundesregierung, sollte sie die alleinige Hoheit über Auslandseinsätze der Bundeswehr haben, diese zunehmend in EU- und NATO Strukturen auslagert und somit einen Bündnisautomatismus erzeugen würde. D.h. in militärische Abenteuer hineingezogen zu werden, ohne das Bundestag oder Bundesregierung noch Einfluss drauf nehmen könnten.
Dennoch sollte das Parlamentsbeteiligungsgesetz auch in seiner jetzigen Form nicht bestehen bleiben. Ziel darf es aber nicht sein, weniger, sondern mehr Parlamentsvorbehalt, mehr Transparenz und mehr Informations- und Mitbestimmungsrechte für die Abgeordneten zu schaffen. Ganz essentiell ist es dabei folgende Lücken zu schließen: Bisher ist der Einsatz von Spezialkräften der Bundeswehr (KSK, SEK-Marine) nicht Gegenstand einer ordentlichen Unterrichtung des Verteidigungsausschusses. Dies muss dringend geändert werden. Auch ist die wahrscheinlich leider auf uns zukommende Frage des Einsatzes unbemannter Kampfsysteme (Drohnen) kein Thema parlamentarischer Debatten und nicht dem Parlamentsvorbehalt unterstellt. An diesen Stellen muss das Parlamentsbeteiligungsgesetz dringend nachgebessert werden. Dafür – für die Stärkung der Mitwirkungsrechte und Kontrollmöglichkeiten, statt für deren Abbau – wäre es Kommission sinnvoll.
DIE LINKE war, ist und bleibt die einzige Partei im Deutschen Bundestag, die alle Auslandseinsätze der Bundeswehr ablehnt und damit den mehrheitlichen Willen der Bevölkerung vertritt. Gerade aus dem Missverhältnis heraus, dass 75% der Deutschen Auslandseinsätze ablehnen (vgl. Umfrage von Infratest dimap, 06.02.2014), aber die Bundesregierung regelmäßig Soldatinnen und Soldaten in Kampfeinsätze schickt, ist es umso wichtiger, dass alle Abgeordneten in die Entscheidungen über Krieg und Frieden auch weiterhin und noch stärker als bisher einbezogen werden. Da diese Entscheidung schnell auch zu einer Entscheidung über Leben oder Tod werden kann, geht sie alle etwas an. Auch daher fordert DIE LINKE, dass die Zustimmung zum Einsatz der Bundeswehr in Auslandseinsätzen zukünftig nur noch mit einer Zweidrittelmehrheit, statt wie bisher der einfachen Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages beschlossen werden darf.
- Externer Link: Die Bundestagsrede von Alexander Neu zum Parlamentsbeteiligungsgesetz zum Weiterlesen:
http://www.linksfraktion.de/reden/ausbau-sicherung-parlamentarischen-kontrolle-kriegseinsaetzen/